Der Brauch alte Klaviere zu verbrennen ist in der Militärfliegerei seit vielen Jahrzehnten verbreitet. Offensichtlich muss so eine spezielle Tradition auch eine ganz besondere Entstehungsgeschichte haben. Ganz so einfach ist es aber nicht, denn um das lodernde Instrument ranken sich unzählige Mythen, von denen kein einziger als gesichert gilt.
So berichten einige Quellen von der Tradition, die schweren Klaviere vor der Verlegung an einen neuen Frontflugplatz aus Ermangelung an Transportkapazitäten zu verbrennen. Eine weitere Theorie aus der britischen RAF besagt, dass einst Piloten, ihrem damaligen Stande gemäß, gezwungen wurden Klavierunterricht zu nehmen. Da diese Pflicht bei einem Gros des Personals verhasst war, wundert es nicht, dass das umstrittene Schulinstrument eines Tages ein heißes Ende fand. Es existiert auch die These, dass Kampfpiloten als Zeichen der Rebellion die teuren Instrumente der finanziellen Oberschicht verbrannten. Je weiter man sucht, desto mehr Geschichten wird man finden. Unter all diesen Überlieferungen ist aber eine, die mich persönlich am meisten berührt und von der ich wünschte, dass sie die eine Wahrheit wäre:
In den Kindertagen der militärischen Kampffliegerei, in den Jahren des ersten Weltkriegs waren Piloten oft gut betuchte "Ritter der Lüfte". So verwundert es nicht, dass unter den Fliegern der britischen RAF einer das Klavier besonders beherrschte. Abend für Abend lenkte er damit seine Kameraden von den Schrecken des Krieges ab - bis er diesen eines Tages selbst zum Opfer fiel. Seine Kameraden beschlossen, dass niemand dem verwaisten Instrument würdig sei und verbrannten es dem Gefallenen zu Ehren. Es sollte im Himmel mit ihm vereint sein.
Egal ob dieser Mythos stimmt oder nicht, noch heute ist es nicht unüblich, still dem Feuer zu folgen und den gefallenen und verunglückten Kameraden zu gedenken. Denn auch im Frieden kann jeder Flug binnen Sekunden der letzte Flug in die Ewigkeit gewesen sein.